Türöffner ins Leben
Gemeinsam Geburtstag feiern, ein Grillfest veranstalten oder zu Weihnachten Plätzchen backen. Klingt wie ein normales Leben, oder? In der ambulanten Intensivpflege wird das auch schwer kranken Menschen ermöglicht – so weit, wie es eben machbar ist. Gepflegt und unterstützt werden die Patienten in den Beatmungs- WGs von Gesundheits- und Krankenpflegern beziehungsweise Pflegefachkräften wie Maximilian.
Foto: Sandra Böhm
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Die Intensivpflege hat Maximilian schon immer interessiert.
„All das, was mit Beatmung und medizinischem Fachwissen zu tun hat, hat mich schon in der Ausbildung sehr gereizt.“ Als einer seiner Freunde bei einer ambulanten Intensivpflege anfing, schnupperte auch der heute 33-Jährige in diesen Bereich rein und war schnell begeistert von der Arbeit der Pflegekräfte in diesem Arbeitsumfeld.
„Das ist meine Chance, so eine ähnliche Arbeit wie auf einer stationären Intensivstation hochprofessionell zu erleben“, sagt der Gesundheits- und Krankenpfleger, der nach seiner Ausbildung eine Zusatzqualifikation zur Fachkraft für außerklinische Intensivpflege und Beatmung absolviert hat und beim ambulanten Pflegedienst GetHelphy arbeitet.
Die Patienten, die Maximilian und seine Kollegen pflegen und betreuen, sind oft multimorbid.
Das heißt, sie sind an mehreren Krankheiten erkrankt. Das sind zum Beispiel chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD), Zustände nach Herzinfarkten oder Schlaganfällen oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Manche Patienten liegen auch aus unterschiedlichen Gründen im Wachkoma.
Maximilian versteht sich als „Türöffner ins Leben“, wie er selbst sagt. „Damit meine ich nicht, dass die Menschen bei uns geheilt werden. Wenn es medizinisch möglich ist, begleiten wir sie bis zum Schluss. Aber bei uns füllen sie ihr Leben genau damit: mit Leben.“
Eine Bewohnerin hat ihr Zimmer sonnengelb streichen lassen, bei einer anderen hängen dutzende Fotos von Familie und Freunden an den Wänden.
Jeder kann sein Reich, das tatsächlich ihr Zuhause ist, nach seinen Wünschen gestalten und einrichten. Genauso individuell ist der Tagesablauf. Die Bewohner entscheiden, wann sie aufstehen, ob sie erst gegen Mitternacht ins Bett möchten, wann sie duschen wollen und ob sie abends eine Pizza bestellen möchten.
„In der Frühschicht frühstücken wir meistens mit einem oder mehreren Klienten im Gemeinschaftsraum“, sagt Maximilian. „Der große Unterschied zu einem Pflegeheim ist, dass wir Pfleger nur Gäste im Zuhause der Patienten sind. Wir sind in Schichten 24 Stunden, sieben Tage die Woche dort – aber immer als Gast.“ Deswegen heißt diese Art der Pflege auch ambulante Intensivpflege. Heime sind stationäre Einrichtungen ähnlich wie Krankenhäuser.
Ein weiterer Unterschied zu Heimen ist der Versorgungsschlüssel.
In der Beatmungs-WG betreut ein Pfleger meist drei bis vier Bewohner. In Pflegeheimen kümmert sich eine Pflegekraft mit Pflegehelfern oft um viel mehr Patienten. Seine Arbeit in acht- oder zwölfstündigen Schichten macht dem Erfurter auch so viel Spaß, weil der Kontakt zu den Patienten und Angehörigen eng und auf Augenhöhe ist. Sorgen und Anliegen werden geduldig besprochen und auf Wünsche wird eingegangen.
Hinzu kommt: „Es ist auch ein gewisser Nervenkitzel dabei“, erklärt Maximilian. Wenn ein Patient Probleme hat, muss mithilfe des Fachwissens sehr schnell die richtige Entscheidung getroffen werden. „Dadurch, dass wir unglaublich viel Zeit mit den einzelnen Patienten verbringen, lernen wir sie sehr gut kennen und können dann gezielt eingreifen.“
Es komme auch vor, dass er nur aufgrund eines unguten Gefühls auf die Suche nach einem möglichen Problem gehe.
„Das ist dann wie puzzeln. Was weiß ich über den Patienten? Welche Krankheiten hat er? Wie ist er medikamentös eingestellt? Gab es in letzter Zeit Auffälligkeiten? Da ist der Blick auf Details wichtig, denn nur so kann rechtzeitig erkannt werden, ob und was es für Probleme gibt.“ (sa)