Die letzten Seelsorger

Genauso wie das Geborenwerden zum Leben dazu gehört, ist auch das Sterben zwangsläufig ein Teil des Lebens. Für viele Menschen ist das ein Thema, mit dem sie sich lieber nicht beschäftigen möchten. Dabei ist die Aus­einandersetzung mit dieser Thematik wichtig. Svenja hat in ihrem Beruf jeden Tag mit dem Sterben und dem Tod zu tun – auf eine pro­fessionelle und pietätvolle Art und Weise. Denn sie ist im dritten Lehrjahr ihrer Ausbildung zur Bestattungsfachkraft im Bestattungsinstitut Stadt Erfurt.

Bestattungsfachkraft (m/w/d)

Foto: Sandra Böhm

Worum geht’s?

Bestattungsfachkräfte holen die Verstorbenen ab, überführen sie und planen und gestalten die Trauerfeier. Sie kümmern sich auch um die hygienische Versorgung und führen Bera­tungsgespräche.

Dauer: 3 Jahre

Voraussetzungen:

Gutes Deutsch und Redegewandtheit sind für die Beratungsgespräche und für den Schrift­verkehr sehr wichtig. Zudem sollte man zuverlässig, flexibel und handwerklich geschickt sein sowie ein Auge für Dekoration haben.

Chancen:

Es gibt Fortbildungen zum Bestattermeister, Bürokommunikationsfachwirt im Bestattungs­gewerbe, Kremationstechniker und zum Thanato­praktiker, der auf die Balsamierung und Präparierung von Toten spezialisiert ist.

Foto: Christian Rothe -­ stock.adobe.com

„Das Schöne an meinem Beruf ist, dass ich den Menschen einen schönen Ab­schied bereiten kann“, erklärt die 21­-Jährige.

„Außerdem kann ich den Angehörigen in einer harten Zeit eine Freude machen. Am schönsten ist es, wenn sie sich nach der Trauerfeier bei uns bedanken und sagen, dass wir ihnen die Zeit ein bisschen erleichtert haben.“ Damit spricht Svenja drei Bereiche an, die zu ihren Aufgaben gehören. Sie kümmert sich um den Verstorbenen und seine würdevolle Bestattung, berät die Angehörigen bei ihren Anliegen und plant und gestaltet in Absprache die Trauerfeier, wofür sie auch die Trauerhalle dekoriert.

Wenn ein Mensch verstorben ist, und die Angehörigen bei dem Bestattungsinstitut anrufen, dann fahren immer zwei Bestatter los.

Svenja erklärt: „Wir fragen am Telefon ab, wo derjenige verstorben ist und in welche Etage wir müssen – einfach um besser planen zu können. Wenn wir vor Ort sind, schauen wir uns auch die Örtlichkeiten an.“ Denn in eine sehr verwinkelte Wohnung können sie nicht mit dem Sarg hinein, sondern nutzen dann ein Tragetuch oder eine Trage. „Wir erklären den Angehörigen einfühlsam jeden Schritt, damit sie alles wissen und sich darauf einstellen können. Manche möchten beim Einsargen dabei sein, andere möchten das nicht so gerne sehen. Zudem geben wir ihnen die Möglichkeit, Abschied zu nehmen. Dann wird der Verstorbene eingesargt und wir kontrollieren die Papiere.“ Die Papiere sind sehr wichtig, denn ohne den von einem Arzt ausgestellten Totenschein dürfen die Bestattungsfachkräfte niemanden überführen. Der Totenschein ist auch für die Sterbeurkunde vom Standesamt wichtig.

Als nächstes meldet Svenja die Be­stattung beim Friedhof an, führt das Trauergespräch und dann folgt das Organisatorische.

Die Büroarbeit sowie Beratungs-­ und Kundengespräche nehmen einen recht großen Anteil ihrer Arbeit ein. „Viele denken, dass wir die Verstorbenen schminken und solche Dinge, weil sie das im Fernsehen sehen. Das ist aber nur ein minimaler Teil meiner Arbeit.“

Auf die Idee, die Ausbildung zur Bestattungs­fachkraft zu machen, ist sie durch ihren Papa gekommen.

„Er hat mir das in der neunten Klasse vorge­schlagen, weil ich gar nicht wusste, was ich werden möchte. Und irgendwie ist das hängen geblieben“, erzählt die 21­-Jährige. „Er wusste, dass ich ein Organisationstalent bin und mich für viele Bereiche interessiere, zum Beispiel für Floristik, was hier ja auch eine Rolle spielt. Ich wollte nicht ausschließlich im Büro arbeiten, sondern Kontakt zu Menschen haben, aber auch nicht in die Pflege gehen.“ Während ihre Eltern ihren Berufswunsch also „total cool“ fanden und begeistert darauf reagiert haben, waren ihre Großeltern im ersten Moment schockiert. „Dann haben sie aber gemerkt, wieviel Spaß mir der Beruf macht und sind jetzt auch sehr daran interessiert“, so Svenja. Wenn sie als Bestatterin unterwegs sei, würden viele Menschen überrascht reagieren, dass eine Frau einen solchen Beruf ausübe. Die meisten seien dann aber einfach sehr neugierig und wollten mehr erfahren. Des Öfteren werde sie deswegen auch unterschätzt, erzählt sie. „Natürlich kann ich als Frau keinen 250­-Kilo­-Menschen alleine tragen. Aber das können auch die Männer nicht.“

Bestattungsfachkraft

Fotos: Sandra Böhm

Es sei schon merkwürdig gewesen, als sie zum ersten Mal einen Verstorbenen ge­sehen habe, erinnert sie sich.

Das war während ihres Praktikums, bevor sie die Ausbildung begonnen hat. Er habe friedlich ausgesehen. „Man muss das können und kann das meiner Meinung nach nicht antrainieren. Aber ich glaube, das weiß man schon vorher, ob man damit umgehen kann. Ich weiß zum Beispiel, dass ich keine Altenpflegerin werden könnte.“

Zur Berufsschule geht sie in Bad Kissing­en.

Dort ist Svenja immer blockweise für zwei bis drei Wochen, insgesamt neun bis elf Wochen pro Lehrjahr. In drei zusätzlichen Lehrgängen an der Theo­-Remmertz­-Akademie in Münnerstadt behandeln sie dort Themen wie Trauer­psychologie und Grabmachertechnik. Im Letztgenannten hat sie auf dem einzigen Lehrfriedhof Deutschlands gelernt, Gräber auszuheben und das An-­ und Ausschlagen von Särgen. Auch im Bestattungsinstitut in Erfurt arbeitet Svenja in der Sargwerkstatt, wo sie die vorgefertigten Särge noch mit einer Bordüre verziert.

Zur Grabmachertechnik gehört auch, dass die Auszubildenden lernen, wie die Kremationsöfen für die Feuerbestattung funktionieren und welche gesetzlichen Vor­schriften gelten.

Der dritte Lehrgang befasst sich mit der hygienischen Versorgung. Dazu gehört unter anderem das Waschen und Herrichten des Körpers, aber eher nicht das Schminken, wie Svenja nochmal betont. Auch wie man den Mund verschließt, lernt und übt sie dort. „Aber nicht so wie in Horrorfilmen, sondern von innen, damit er zu bleibt, und man die Nähte nicht sieht“, wirft Svenja sofort ein. „Hier sollte man keine Berührungsängste haben. Für die Lehrgänge werden oftmals echte Verstorbene verwendet, die sich vor ihrem Tod dafür bereit erklärt haben. Ansonsten nutzen wir Übungshaut.“ Neben den praktischen Lehrgängen, spielt auch die Theorie eine große Rolle. „Wir lernen viel über verschiedene Religionen und Traditionen und deren Bestattungen. Aber auch viel Wirtschaftliches: Buchführung und Gesetze, insbe­sondere das Bestattungsgesetz.“

Wie emotional ihr Beruf ist, kommt laut Svenja auf den Sterbefall an:

„Das ist nie gleich. Auch die Ange­hörigen reagieren immer anders. Was einen mitnimmt, sind natürlich plötzliche Todesfälle oder wenn Kinder sterben. Aber das muss man auch irgendwie ablegen, denn wenn man seine Arbeit emotional mit nach Hause nimmt, ist es nicht das Richtige für einen. Mitfühlend zu sein in diesen Moment ist natürlich ganz, ganz wichtig, aber man darf es nicht mit sich herumschleppen.“ (sa)

Fahrzeug einer Bestattungsfachkraft

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