Essen retten und Menschen helfen

„Mein Herz hängt an der Tafel“, sagt Anita Mühl­berger. Die 71-Jährige ist seit rund sechs Jahren Vor­sitzende des Vereins der Salzunger Tafel. „So ganz genau nehmen wir es hier nicht mit Jahres­zahlen. Aber ich denke sechs Jahre kommen hin“, sagt sie und lacht. Viel­mehr kommt es ihr und ihrem Team auf die Un­terstützung von Bedürftigen an. Denn nur weil das Mindesthaltbarkeitsdatum auf einer Packung Nudeln kurz bevorsteht oder die Bananen schon ein paar braune Stellen haben, heißt das nicht, dass die Lebensmittel einfach in die Tonne gehauen werden müssen.

Hier ist alles bereit für die Kunden.

Mit zwei Kühlfahrzeugen holen die Fahrer täglich die Ware aus 30 Supermärkten aus der Umgebung ab.

„Eben die Sachen, die nicht mehr so schön aussehen“, erklärt Anita Mühlberger. Die werden dann von den Ehrenamtlichen bei der Tafel ge­putzt, damit sie unter der Woche an Bedürftige ausgegeben werden können. Aufgeplatzte Ba­na­nen werden aussortiert, welke Blätter von Salatköpfen abgerupft, verwertbare Tomaten und anderes Gemüse in Körbe gestapelt und Trocken­ware in die Regale gestellt. Jede Woche kommt so rund eine Tonne an Lebensmitteln bei der Salzunger Tafel an. „Ich sage mal, 80 Prozent werden ausgegeben und die restlichen 20 Pro­zent bekommen Bauern für die Schweine oder es landet in der Tonne“, so die ehrenamtliche Vorsitzende.

Anita Mühlberger ist 2005 – ein paar Mo­nate nach der Gründung des Vereins – zur Salzunger Tafel gekommen.

Damals war sie in einer sogenannten Arbeits­beschaffungsmaßnahme (ABM) der Arbeits­agentur. „Ich wusste damals gar nicht, was eine Tafel ist“, erinnert sie sich. Besonders ein Erlebnis aus dieser Zeit ist ihr im Gedächtnis geblieben: „Da war ein kleines Kind. Das hat sich so gefreut, dass es eine Schokolade von uns bekommen hat. Da habe ich mir gedacht: Das kann doch heutzutage nicht sein. Ein Kind muss doch öfter mal Schokolade essen können! Das hat mich sehr berührt.“ Als ihre ABM vorbei war, hat die damalige Vorsitzende sie eingestellt und als Rent­nerin hat sie ehrenamtlich den Vorsitz über­nommen. Auf einem ähnlichen Weg ist auch Kathrin Roth zur Tafel gekommen. Inzwischen ist sie seit sieben Jahren dort angestellt. „Bedürf­tigen Menschen helfen: Das ist meine Art. So geht es hier allen“, betont sie.

Sind noch lecker und können gegessen werden: Bananen und Ananas.

Als bedürftig gilt jeder, der Leistungen vom Staat bekommt, beispielsweise BA­föG, Grundsicherung, Hartz IV oder Wohn­geld.

Auch Menschen mit Schulden können sich bei der Tafel anmelden. Sie müssen aber einen Nachweis erbringen. Bei der Salzunger Tafel sind aktuell 300 Familien angemeldet. Das heißt, sie können einmal pro Woche zur Tafel kommen, müssen aber nicht. Wer kommt, zahlt am Ein­gang einen kleinen Geldbetrag – 1 Euro für Erwachsene und 50 Cent für Kinder – und kann dann in den verschiedenen Abteilungen den dort stehenden ehrenamtlichen Helfern mit­teilen, was er möchte. Diese reichen die aus­gesuchten und auf die Größe des Haushalts bedachten Lebensmittel über den Tisch. Da ist von allem etwas dabei: Obst und Gemüse, Trocken­waren wie Konserven, Mehl oder Nudeln, Brot und Brötchen sowie Wurst und Molkerei­produkte wie Milch, Käse und Joghurt. Manch­mal, wenn es gespendet wurde, gibt es für jeden auch Schokoriegel oder andere Besonderheiten. Das Logistikzentrum von Amazon in Bad Hers­feld spendet zuweilen auch Großspenden, die die Salzunger Tafel mit den Tafeln in Meiningen und Bad Hersfeld austauscht. Auch andere Ver­eine wie der gemeinnützige Lions Club und der Verein Jollydent unterstützen die Tafel mit Spenden.

„Dass es in der heutigen Zeit Tafeln ge­ben muss“, setzt Anita Mühlberger an und lässt den Satz ins Leere verlaufen.

Dabei sei Deutschland so ein reiches Land. „Aber wir sind froh, dass es uns gibt, denn die Be­dürftigen nehmen unser Angebot sehr gerne an.“ Zurzeit gibt es bei der Salzunger Tafel aber einen Aufnahmestopp. Neue Familien können sich aktu­ell nicht anmelden, denn der Verein mit seinen 16 ehrenamtlichen Helfern und einer Ange­stellten kommt personell an seine Grenzen. Deswegen: „Wir freuen uns immer über neue Ehrenamtliche, die zu uns kommen. Auch gerne Schü­ler, die viel Freizeit haben. Auch wenn es nur zwei bis drei Stunden sind“, ruft die Vorsitzende auf. (sa)

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