Nachhaltigkeit im Vordergrund

In Deutschland sind die allermeisten Ausbil­dungen so aufgebaut: Über drei bis vier Wo­chen sind die Auszubildenden im Unternehmen und lernen dort das praktische Know-how ihres Berufs. Dann gehen sie für eine Woche in die Berufs­schule, aus der sie den theoretischen Input mitnehmen. Das ist das duale Ausbil­dungs­prinzip. Daneben gibt es das schulische Mo­dell, bei dem die Auszubildenden in Praktika die Arbeit kennenlernen, aber die meiste Zeit in der Berufsschule sind.

Clara hat sich bewusst für den Baueshof in Marksuhl als ihren Ausbildungsort entschieden, denn nachhaltige Landwirtschaft ist ihr sehr wichtig.

Foto: Sandra Böhm

Einen anderen Weg hat Clara gewählt.

Sie absolviert die biodynamische Aus­bildung des Demeter-Verbandes zur Land­wirtin. „Ich war nach meinem Abi 2019 für ein Jahr in Georgien und habe den IJFG (Internationalen Jugend­freiwilligendienst) absolviert. Das war ein Projekt im Wein- und Gartenbau“, erzählt die 21-Jährige. „Danach habe ich überlegt, was ich tun möchte. Wegen Corona, und dass dann alles online war, wollte ich nicht studieren. Wenn dann hätten mich Umweltwissenschaften interessiert, aber das wäre mir auch zu theoretisch. Ich möchte direkt etwas bewirken!“

Da sie sich sehr für Nachhaltigkeit und ökologische Themen interessiert, ist sie bei ihrer Suche auf die Demeter-Ausbildung gestoßen.

Die Besonderheit im Vergleich zur klassischen dualen Ausbildung besteht darin, dass auch die Theorie von Praktikern gestaltet wird. Das bedeutet, dass Clara mit den anderen Auszu­bildenden während des Theorieblocks auf an­deren Höfen das Wissen vermittelt bekommt. Der Fokus liegt auf der Kreislaufwirtschaft und dem Hof als Organismus. Zum Beispiel werden Fragen behandelt wie: Wie viele Tiere muss ich halten, damit ich genug Mist erhalte, um keinen Kunstdünger benutzen zu müssen?

Im ersten Lehrjahr war Clara in einer Gärtnerei in Schwerin, hat dann aber fest­gestellt, dass sie lieber biologisch-dy­namische Landwirtin als biologisch-dy­na­mische Gärtnerin werden möchte.

Nach dem ersten Lehrjahr ist sowieso ein Wechsel des Ausbildungsunternehmens vorge­sehen und die 21-Jährige hat dies gleich für einen Wechsel des Ausbildungsberufs genutzt. Ihr zweites Lehrjahr verbringt sie derzeit auf dem Baueshof in Marksuhl. Dort arbeitet sie insbe­sondere mit den Ziegen und Schafen des kleinen Bauernhofs: Füttern, Grünlandpflege, Zaun­bau, Melken und Käsen stehen bei ihr auf der (fast) täglichen To-do-Liste. Als im Frühling die Lämmer geboren wurden, kümmerte sie sich um diese. Nach sechs Wochen wurde die Mut­ter­milch abgesetzt und die Lämmer kamen in eine eigene Herde, sodass die erwachsenen Ziegen und Schafe für die Käseproduktion ge­molken werden konnten. 

„Mir macht es am meisten Spaß mit den Tie­ren zusammen zu arbeiten – ganz be­sonders in der Lammzeit“, erzählt die 21-Jährige.

Aber auch die Arbeit an den Maschinen – wenn sie mit dem Traktor Mist streut oder Heuballen fährt – gefällt ihr sehr. Darüber hinaus fährt sie auch auf Märkte und bietet den selbst­ge­machten Käse zum Verkauf an, kümmert sich um das Gemüse auf dem Hof und übernimmt anfallende Reparaturarbeiten. Als Landwirtin ist sie natürlich die ganze Zeit draußen unterwegs: „Es ist schon ein harter Job. Wir sind immer drau­ßen – bei Wind und Wetter – und bewegen uns unglaublich viel.“ Von der Gesellschaft wünscht sie sich mehr Anerkennung für diesen Beruf. „Alle haben Angst davor, dass die Lebensmittel teurer werden. Aber niemand fragt, wie es den Landwirten geht“, merkt sie an.

Als es in diesem Sommer mit über 35 Grad Celsius extrem heiß war, hat Clara die­se Heraus­forderung an sich selbst aber auch besonders an den Tieren ge­merkt:

„Es war viel anstrengender für die Tiere. Da habe ich auch mitgelitten. Sie waren oft auf der Suche nach frischem Gras. Das war schon belastend. Man fragt sich dann, wann es endlich wieder regnet, damit das Gras wächst. Denn je früher man Heu zufüttern muss, desto teurer wird es.“ In Zukunft kann sich Clara durchaus vorstellen, Ökologische Landwirtschaft zu studieren. Das geht zum Beispiel in Witzenhausen in Nordhessen oder im brandenburgischen Ebers­walde. (sa)

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