Biathlet Lucas Fratzscher

im Interview

Warst du im Januar und Februar in Oberhof zu den Rennrodel- oder Biathlon-Weltmeister­schaf­ten? Die internationalen Sport-Stars des Ro­delns und Biathlons waren während dieser Sai­son­highlights mitten im Thüringer Wald zu Gast. Oberhof ist die Trainingsstätte vieler deut­scher Wintersportler. Einer von ihnen ist Lu­cas Fratzscher. Der 28-Jährige ist in Schleu­singen geboren und seit mehr als 15 Jahren im Biathlon aktiv.

Foto: Igor Stancik

Lucas, wie bist du zum Biathlon gekom­men?

Zuerst habe ich im Schleusinger Leichtathletik­verein mit Leichtathletik angefangen. Dort war der Trainer mit dem Biathlon-Trainer befreundet und dieser hat gefragt, ob es vielleicht ein paar Sportler gibt, die Biathlon machen wollen. Einer meiner Kumpels ist damals zum Biathlon ge­wech­selt und hat gesagt, dass das cool ist. Also wollte ich das auch ausprobieren. Durch meine Eltern, die im Urlaub und auch in Thüringen oft Skilaufen waren, konnte ich schon Langlaufen, bevor ich zum Biathlon gewechselt bin. Eine Zeit lang habe ich neben Biathlon auch Fußball ge­spielt und Leichtathletik gemacht.

Biathlon ist ein sehr komplexer Sport, es gibt verschiedene Läufe und auch das Schie­ßen gehört dazu. Was reizt dich an dem Sport am meisten?

Wie es wahrscheinlich jeder sagen würde: die Kombination aus allem. Eigentlich ist es ja immer das Gleiche: Man muss Schießen und Lang­lau­fen gut zusammenbringen. Aber da gibt es so viele Faktoren, von denen es ab­hängt, dass man ein gutes Rennen macht. Sodass es immer wie­der eine neue Aufgabe ist, beides am richtigen Tag richtig gut abzuliefern. Sowohl das Langlau­fen als auch das Schießen machen mir sehr viel Spaß.

Was war bisher dein persönlich wich­tig­ster Erfolg?

Das ist schwierig zu sagen. Das kommt immer darauf an, wo man gerade steht. 2021 die Bron­ze-Medaille in der Staffel in Antholz beim Welt­cup war einer meiner größten Erfolge. Aber in den Jahren zuvor, in denen die Erwar­tungshal­tung vielleicht noch nicht so groß war, gab es auch andere Rennen, die mindestens genauso viel Spaß gemacht haben. Es kommt immer auf den Blickwinkel an – aber auf jeden Fall die Me­daille in Antholz. Ich bin auch schon Vize-Euro­pa­meister geworden in der Mixed-Staffel 2019.

Foto: privat

Das war auch ein großer Moment, weil wir da im Rennen ziemlich weit hinten gelegen haben und das doch noch gedreht haben. Das war auch ein großes Ding. 2021 habe ich auch zwei Bronze-Medaillen bei der Europameisterschaft geholt. Ich muss aber sagen, dass besonders die Team-Wettbewerbe hängenbleiben, weil man da ge­mein­sam auftritt und gemeinsam den Erfolg fei­ern kann.

Wie sieht deine Wettkampfvorbereitung aus?

Man versucht natürlich, vor jedem Wettkampf optimal vorbereitet zu sein. Aber man baut seine Saison ja auch auf. Denn es gibt Schwankungen und einen Sai­sonhöhepunkt, vor dem man sein Training ein bisschen anders gestaltet. In dieser Saison ist das natürlich die WM in Oberhof. Da kann es auch sein, dass man davor ein bisschen weniger trainiert, um komplett erholt ranzu­gehen. Vor der WM ist ein Trainingslager zur Wett­kampfvorbereitung geplant.

Auf deinem Instagram-Account (@lucas­fratzscher) sieht man, dass du auch surfst, gerne kletterst und viel im Thü­ringer Wald unterwegs bist. Wie bist du zum Klettern gekommen? Hat man als Profi-Athlet nicht schon genug Sport im All­tag?

Ja, das ist schon schlimm, muss ich zugeben (lacht). Zum Klettern bin ich durch andere Sportler gekommen. Ich hatte in der Trainings­gruppe einen Langläufer und einen Biathleten, die mir das gezeigt haben. Das hat mir sehr gut gefallen. Man muss auch sagen, wenn es ums Klet­tern geht, fällt nicht jedem gleich Oberhof oder Thü­ringen ein. Aber wir haben in der Um­gebung so viele Klettergebiete. Das ist nicht weltweit bekannt, aber wenn man von hier kommt und die kennt, hat man so viele Möglich­keiten. Wem das Spaß macht, der kommt auf jeden Fall auf seine Kosten.

Das mit dem Surfen war mal eine Idee mit Freun­den im Urlaub. Ich mag das Surfen, denn man muss mutig sein, es gibt einen Adrenalin-Kick und man darf sich auf nichts anderes konzen­trieren als aufs Surfen. Ich finde das ganz gut, um den Kopf freizubekommen. Das ist auch beim Klettern ähnlich. Auch dort ist eine gewisse Gefahr da und man darf mit den Gedanken nicht abschweifen. Wenn ich viel trainiere, dann mache ich nebenher auch nicht so viel Sport. Aber wenn mal nicht so viel los ist, im Urlaub oder nach der Saison, könnte ich nicht nur rum­sitzen. Das bin ich nicht gewohnt. Dann kribbelt‘s und irgendwas muss ich immer tun.

Welche sind deine Kletter-Spots im Thü­ringer Wald?

Das sind der Hohe Stein im Kanzlersgrund, nur fünf Kilometer von Oberhof, und die Zwölf Apos­tel. Die sind auch so sechs bis sieben Kilometer von Oberhof entfernt. Das sind die zwei Steine, an denen ich am häufigsten bin.

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Fotos: Igor Stancik

Seit deinem Abitur bist du Sportsoldat. Was bedeutet das?

Wir als deutsche Sportler haben auf jeden Fall Glück, dass wir die Behörden haben, die uns unterstützen. Ich bin bei der Bundeswehr, aber auch der Zoll und die Bundespolizei fördern Spit­zensportler. Ohne die Bundeswehr würde ich wahrscheinlich nicht mehr Sport treiben. Denn vor allem in jungen Jahren nach der Schule, in denen ich noch keine Preisgelder eingefahren hatte und noch keine Sponsoren da waren, hätte ich es mir sonst nicht finanzieren können. Des­wegen ist die Bundeswehr ein wichtiger Partner. Als Sportsoldat ist der Auftrag vor allem der Sport. Ich bin ein Aushängeschild für die Bun­des­wehr und mein Sport ist in der Regel mein Dienst, den ich verrichte. Ich habe fünf Lehr­gänge im Jahr, die zwischen vier bis sechs Wo­chen lang sind, und in denen es darum geht, den Dienstgrad eines Feldwebels zu erreichen. An­ders als in einer normalen Truppe ist es bei uns aber ein bisschen verkürzt.

Hast du schon eine Idee, was du nach der sportlichen Karriere beruflich machen willst?

Ehrlich gesagt habe ich nie einen Traumberuf im Kopf gehabt. Wenn ich meinen Sport als Beruf bezeichne, ist es genau das, was ich machen will, aber das kann ich nicht ewig machen. Was ich danach mache, darauf habe ich mich noch nicht festgelegt. Eine Zeit lang habe ich in Teil­zeit an der Technischen Universität Ilmenau Bio­medizinische Technik studiert. Aber vor allem im Winter habe ich Studium und Sport nicht unter einen Hut gebracht und habe mich exma­tri­ku­lieren lassen.

Deiner Familie gehört die Fleischerei Fratz­scher in Schleusingen. Hast du mal überlegt, das Geschäft zu übernehmen?

Ich habe auf jeden Fall mit dem Gedanken gespielt, weil mein Vater die Fleischerei in vierter Generation betreibt. 1910 wurde sie von meinem Ururgroßvater gegründet und war immer ein Fa­mi­lienbetrieb. Aber momentan bin ich beim Sport und da ist es gerade keine Option.

Lucas Fratzscher auf Instagram: @lucasfratzscher

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