Schlüssel klappern, Türen werden auf­ und wieder zugeschlossen. Man erhält das Gefühl von einer Autobahn, auf der man nur „stop and go“ vorwärtskommt.
Der Unterschied zur Autobahn ist jedoch, dass man sich ohne eigene Schlüssel oder einem „Schlüsselgewaltigen“ in einem Gefängnis nicht von A nach B
bewegen kann. Ein „Knast“ oder richtigerweise eine Justizvollzugsanstalt (JVA) ist ein Ort, von dem alle wissen, dass es ihn gibt, aber man spricht nicht drüber.
Gefängnisse sind bei einem großen Teil der Bevölkerung nach wie vor ein Tabu­Thema, wobei gerade die vielfältige Medienwelt dazu beiträgt, dass unseren
Fantasien zu diesem Thema – zu unserem Leidwesen – keine Grenzen gesetzt werden. Beamte, die dort arbeiten, sehen diesen Ort als etwas Besonderes an
und sind der Meinung, dass sich die Arbeit in einer Justizvollzugsanstalt von anderen Berufen in Uniform noch erheblich unterscheidet.

In Thüringen gibt es fünf Justizvollzugseinrichtungen.

Dazu zählen die Justizvollzugsanstalten (JVA) in Hohenleuben, Tonna, Untermaßfeld, Suhl-Goldlauter und die Jugendstrafanstalt (JSA) mit Jugendarrestanstalt (JAA) in Arnstadt. .

Für einen Blick hinter die dicken Gefängnismauern in Hohenleuben durfte das WiYou.de­Team exklusiv „einfahren“.

Und wurde empfangen von Herrn Schnabel (Vollzugsabteilungsleiter), Herrn Heidicke (Beamter im Stationsdienst) und Frau Stein (Sozialarbeiterin). Von den drei Mitarbeitern möchte wir mehr über den Umgang mit den Gefangenen und der Arbeit in einer Justizvollzugsanstalt erfahren. „Wir sind rau, aber herzlich“, betont Herr Heidicke, „wir haben es täglich mit einer Vielzahl verschiedener Charaktere und über 30 Nationalitäten zu tun, da ist oftmals nicht nur die Verständigung kompliziert“.
Die hier tätigen Beamten im mittleren allgemeinen Vollzugsdienst tragen
Uniformen. Sie sind auf den langen, kargen Fluren unterwegs, um Gefangene
zur Arbeit, zum Arzt, zum Besuch, zu Beratungsgesprächen oder anderweitigen Aktivitäten außerhalb ihrer Zelle zu bringen. Besonders gern sind die Stationsbediensteten an den Zellentüren bei den Gefangenen gesehen, wenn sie die tägliche Post übergeben oder die Haftentlassung angeordnet wurde. 

Auf die Frage, wie man einen Vollzugsbeamten beschreiben kann, antwortet Herr Heidicke:

„Ganz wichtig ist, bei der Arbeit mit den Gefangenen Mensch zu bleiben und für die Insassen da zu sein. Wir sind erste Ansprechpartner für all ihre Befindlichkeiten, Freuden, Sorgen und Probleme. Das erfordert oftmals
besonderes Fingerspitzengefühl.“ Herr Schnabel ergänzt hierzu: „Wir sind keine Richter, wir haben unabhängig von den begangenen Straftaten unseren Beitrag dazu zu leisten, dass die Gefangenen auf ein zukünftig möglichst straffreies Leben vorbereitet werden.“

Wenn Herr Schnabel und Herr Heidicke am Arbeitsort ankommen, ziehen sie sich bewusst erst im Gefängnis um.

Herr Heidicke sagt dazu: „Es ist wie die Rolle wechseln, die Privatperson bleibt außerhalb der Gefängnismauern. Hier bin ich der Justizvollzugsbeamte, der zwar nicht anders ist als draußen, aber hier ist ein anderer Raum, in dem ich mich bewege. In der Frühschicht, ab 6 Uhr morgens, gehen wir von Zelle zu Zelle und vergewissern uns, dass alle Häftlinge am Leben sind und gleichzeitig prüfen wir die Fenstervergitterungen und den Haftraum auf Auffälligkeiten. Dann geht der Tag los: Die Gefangenen gehen innerhalb hoher Mauern zur Arbeit und wir bringen sie dorthin. Dennoch ist jeder Tag anders. Manche Gefangene haben Termine mit dem Anwalt oder beim Arzt, andere haben Besuch. All das managen wir. Der Tagesablauf wird durch uns bestimmt, da die Gefangenen sich ohne Schlüssel nicht frei bewegen können.“ Die sogenannten „Stationsbeamten“ organisieren alle Abläufe und sind dabei als erste Ansprechpartner für die täglich wechselnden Belange der Gefangenen gefordert.

 

Die „Werkdienstbeamten“ leiten die beschäftigten Gefangenen in den vielfältigen Werkstätten innerhalb der JVA an und vermitteln ihnen nützliche berufspraktische Kenntnisse.

Herr Schnabel ergänzt dazu: „Wir stellen gern Bewerber mit handwerklichen Vorberufen (Meisterqualifizierungen) ein, um diese in unseren Werkstätten zur Anleitung der Gefangenen einsetzen zu können.“

Spezielle Leitungs­ und Fachaufgaben übernehmen besonders ausgebildete Beamte oder Angestellte.

Wenn die Schicht vorbei und die Uniform abgelegt ist, wechselt der Beamte wieder in die Rolle der Privatperson und lässt die Mauern bis zum nächsten Dienst hinter sich. „Das wäre auch schlimm, wenn das nicht so wäre, im Gegensatz zu den Gefangenen haben wir die Möglichkeit, einen Ausgleich zuhause, in unseren Familien zu finden.“ betont Herr Heidicke. Manche Tagesereignisse kann man aber nicht so einfach verdrängen.

Frau Stein empfiehlt allen Interessenten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vor Beginn ihrer Ausbildung Erfahrungen im sozialen Bereich zu sammeln.

„Dafür bietet sich ein FSJ sehr gut an. Interessenten für den Beruf des Justizvollzugsbeamten sollten auf jeden Fall für den Umgang mit schwieriger Klientel charakterlich gefestigt sein.“

 

Herr Schnabel sagt: „Alles in allem sind wir eine gute Alternative zu den anderen Berufen in Uniform. Leider ist es jedoch nicht möglich, in einer Justizvollzugsanstalt vor Beginn der Ausbildung einen Schnuppertag oder ein Praktikum zu absolvieren.“

Zusammenfassend stellt Frau Stein fest, dass „die Beamten im Justizvollzug durch ihre Empathie für die Gefangenen in gewisser Weise Sozialarbeiter, Elternersatz oder alles in allem Mensch sind. Nichtsdestotrotz haben wir die nötige Distanz zu unseren Insassen zu wahren.“

Wenn du Freude hast, mit Menschen zu arbeiten, einen etwas spezielleren Beruf in Uniform suchst und dich die Beamtenlaufbahn schon immer interessiert hat, dann ist diese Ausbildung genau die richtige für dich!

Ausbildung im Justizvollzug zum mittleren allgemeinen Vollzugsdienst

Als Justizvollzugsbeamter (Stationsbeamter) hast du einen anspruchsvollen Beruf, bei dem du in einem struktur­ und teamorientierten Arbeitsumfeld mit anderen am Vollzugsprozess beteiligten Bereichen zusammenarbeitest.

Bewerbungsverfahren:

Du absolvierst Eignungstests im Fach Deutsch, Intelligenzstruktur/Auffassungsgabe, einen Sporttest und im Anschluss ein Bewerbungsgespräch.

Dauer der Ausbildung: 24 Monate
Voraussetzungen:

Mindestalter 18 Jahre, qualifizierender Hauptschulabschluss mit Berufsausbildung oder höherwertiger Schulabschluss ohne Berufsausbildung. Dir sind Verantwortung, Teamgeist, soziale Kompetenz und Zuverlässigkeit wichtig und du bist körperlich fit, dann steht dir nichts im Wege.

Einsatz:

Nach deiner Ausbildung wirst du vorrangig im Bereich Aufsichtsdienst im Dreischichtsystem zum Einsatz kommen, der Einsatz in speziellen Bereichen erfordert spezielle Qualifizierungen.

Duales Studium im Justizvollzug im gehobenen Vollzugs­ und Verwaltungsdienst

Für die Verwendung im gehobenen Vollzugs­ und Verwaltungsdienst musst du zwingend ein Studium an der Fachhochschule für Rechtspflege in Bad Münstereifel zum Diplomverwaltungswirt (FH) absolvieren.

Mindestalter 18 Jahre.

Du solltest die gesetzlichen Anforderungen für die Ernennung zum Beamten erfüllen. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums hast du die Möglichkeit als Vollzugsabteilungsleiter oder als Leiter einer Verwaltungsabteilung eingesetzt zu werden.

Dauer der Ausbildung: 3 Jahre
Voraussetzungen:

Du solltest die Fachhochschulreife oder eine zu einem Hochschulstudium berechtigte Schulbildung haben.

Einsatz:

Nach der Ausbildung wirst du vorrangig als Vollzugsabteilungsleiter (Vollzugs­ und Behandlungsplanung) zum Einsatz kommen. Auch die Möglichkeit des Einsatzes als Verwaltungsabteilungsleiter besteht.

Weitere Infos unter: justiz.thueringen.de

Fotos: JVA Hohenleuben; Aline Bauerfeind

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