Der Jobfluencer
Probieren geht über studieren. Das könnte Pascals Lebensmotto sein, denn als „Jobfluencer“ ist er jeden Tag auf Achse und hat dabei nur ein Ziel vor Augen: Jeden Beruf selbst kennenzulernen.

Als Jobfluencer ist Pascal sein eigener Boss und hat nicht nur den Hut, sondern auch gelegentlich den Helm auf. Fotos: privat
Auf eigene Faust
Egal ob Handwerk, Hilfskraft oder High-tech – Pascal probiert alles aus. Der 23-Jährige war in seinem Leben schon Koch, Metzger, Landwirt, Steuerberater, Fluggerätmechaniker und vieles mehr – wenn auch meist nur für einen Tag. Da könnte man beinahe den Eindruck bekommen, Pascal wüsste nicht so recht, was er machen möchte, dabei hatte der Schmöllner schon während der Abizeit große Pläne. „Ich hatte damals eine Nachhilfeagentur und mein Ziel war es, daraus die größte Nachhilfeagentur Deutschlands zu machen. Ich wollte schon immer etwas Eigenes machen, auf eigene Faust.“
Nach dem Schulabschluss wollte Pascal außerdem ein Auslands- und Reisejahr einlegen, was durch die Coronapandemie jedoch nicht klappte, wodurch er aber mehr Zeit hatte, an seinem Projekt zu arbeiten. Nebenbei jobbte er, um Geld zu verdienen. Seine Idee entwickelte sich in der Zwischenzeit weiter.
„Irgendwann entstand dann aus der Nachhilfeagentur das Konzept einer Plattform, auf der man alles lernt, was man nicht in der Schule lernt. Ich wollte ja immer etwas Eigenes machen, habe dafür in der Schule aber wenig vermittelt bekommen. Themen wie der Umgang mit Geld oder wie man eine Steuererklärung schreibt, aber auch wie man eine eigene Wohnung findet oder generell lernt, auf eigenen Beinen zu stehen. Das hat mir im schulischen Kontext gefehlt, was aus meiner Sicht ein riesengroßes Problem war, das ich gern lösen wollte.“
Aus Fehlern lernen
Mit dieser Idee im Gepäck ging es für Pascal dann erstmal für ein Jahr nach Dubai, wo er ein Praktikum bei einem Verkaufstrainer absolvierte und sich in seinem Wunsch bestätigt fühlte, ein eigenes Projekt zu verwirklichen. Nach seiner Rückkehr entschied er sich deshalb für den Studiengang International Business, um die gesammelten Erfahrungen so weiter zu vertiefen, während er nebenbei an dem Konzept für sein eigenes Start-up arbeitete. Allerdings stellte er schon nach kurzer Zeit fest, dass er sich nicht beidem vollumfänglich widmen konnte, weshalb er das Studium wieder abbrach, um sich auf die Selbstständigkeit zu konzentrieren.
„Ich habe in der Zeit sehr viele Interviews mit vielen verschiedenen Leuten und Experten zu allen möglichen Themen geführt, um das auf meiner Webseite zu sammeln und die Infos Schülern für eine Mitgliedschaftsgebühr von 10 Euro pro Monat anzubieten.“ Im Dezember 2022 ging seine Plattform schließlich online, aber nicht mit dem erhofften Ergebnis. „Es hat sich niemand dafür angemeldet, weil es zugegebenermaßen nicht gut war. Ich habe alles selbst gemacht, hatte keine Sponsoren, keine Partner, keine Entwickler und die Plattform ist gescheitert.“
Das neue Konzept
Ein Positives hatte das Ganze aber, denn in dieser Phase begann Pascal, sich verstärkt mit Social Media zu beschäftigen. „In dieser Phase habe ich mit zwei Freunden angefangen, Kurzvideos für diese Plattform zu drehen. Dadurch haben wir innerhalb kürzester Zeit auf Instagram und TikTok insgesamt knapp 20.000 Follower aufgebaut. Da habe ich das Potenzial hinter Social Media begriffen und mich gefragt, was ich an meinem Konzept ändern kann, weil sich niemand für mein Angebot interessiert hat, die Videos aber gut ankamen.“
Also änderte Pascal seinen Plan. Statt Jugendliche über Steuer, Finanzen und Mietverträge aufzuklären und damit zum Einschlafen zu bringen, sollte es auf seinem Kanal zukünftig um Berufsvorstellungen gehen.
„Die Themen Berufsorientierung und berufliche Perspektive sind für alle Jugendlichen präsent, das habe ich schon während meiner Zeit als Nachhilfelehrer gemerkt. Also habe ich die Idee entwickelt, den Fokus meiner Plattform auf Videos zu legen, in denen ich einen Tag in einem bestimmten Beruf verbringe, und das alte Konzept, das nicht funktioniert hat, hinter mir gelassen.“

Das Führen von Interviews gehört zu Pascals Arbeitsalltag.

Und natürlich wird auch selbst angepackt.
Bühne frei für den Jobfluencer
Offenbar eine gute Entscheidung, denn als Jobfluencer hat Pascal nun alle Hände voll zu tun. Seinen Traum, ein eigenes Unternehmen zu gründen und eigene Projekte zu realisieren, hat er damit in die Tat umgesetzt. Auch, wenn er dafür erst einmal scheitern und neu anfangen musste.
„Es ist schon cool, sein eigener Boss zu sein, aber auch da muss man wissen, ob man das wirklich will. Du kannst schnell statt einer 40-Stunden-Woche in einem Betrieb eine 100-Stunden-Woche für dein eigenes Projekt haben. Aber Erfolg heißt am Ende nicht einfach nur selbstständig zu sein, sondern das zu machen, was einen glücklich macht. Dann fühlt es sich auch weniger wie Arbeit an.“
Die wichtigste Stütze
Neben einer Menge Fleiß und Engagement braucht es aber auch die Unterstützung aus dem eigenen Umfeld. In Pascals Fall war das seine Mutter.
„Ihr war immer wichtig, dass es mir gut geht. Sie wollte mir meine Ziele nie ausreden, hat sich aber natürlich Sorgen gemacht, dass ich arbeitslos werde. Und aus meiner Sicht kann ich das komplett nachvollziehen und glaube, dass das auch normal ist. Wenn dir ein Schüler, der noch nichts im Leben erreicht und von wenigen Dingen eine Ahnung hat, sagt, dass er gern eine eigene Firma gründen möchte, denkt man erstmal, dass das nichts wird. Mach lieber etwas Sicheres. Aber ich hatte immer meinen eigenen Kopf und habe mir nicht reinreden lassen, weil ich meine eigenen Entscheidungen treffen wollte. Spätestens, seit ich mein erstes eigenes Büro gemietet habe, konnten sie die Ergebnisse überzeugen.“
Kommunikation ist das A und O
Das Geheimnis dieses Erfolgs sieht Pascal in seiner Kommunikationsstärke. „Das ist auf jeden Fall der wichtigste Skill. Nicht nur, um Leute auf meine Seite zu ziehen und ihnen den eigenen Wert zu vermitteln, sondern weil es für mich der schönste Aspekt an meiner Arbeit ist. Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, weshalb ich es liebe, immer wieder in neue, verschiedene Berufe zu schnuppern und vor der Kamera in die entsprechenden Rollen zu schlüpfen. Und klar, dadurch finde ich auch alle Berufe spannend und informativ. Was mich aber viel mehr interessiert, sind die Menschen dahinter, die diese Berufe ausüben. Sie und ihre Geschichten kennenzulernen, das macht wirklich Spaß.“
Trotz aller Neugier weiß Pascal aber, dass Ausprobieren allein nicht reicht. „Es ist wichtig, verschiedene Dinge auszuprobieren. Aber am Ende sollte man auch bewusst Entscheidungen treffen und beurteilen können, was einem gefällt und was nicht.“