App-Entwicklerin Vivien: Im Andenken an die Uroma
Vivien Zeihs ist 18 Jahre alt und im vergangenen Jahr mit dem ThEx Award als Jungunternehmerin des Jahres ausgezeichnet worden. Ihr Projekt: die Dementia Web App. Eine App zur Unterstützung der Behandlung von Demenzerkrankten.

Vivien hat große Pläne für die Zukunft. Fotos: privat
Wie kam es dazu, dass du eine eigene App entwickelt hast?
Angefangen habe ich mit 12. Damals kam die Idee auf, dass ich gern Betroffenen und Angehörigen von Demenzpatienten helfen möchte. Diese Idee habe ich dann erstmal zwei Jahre mit mir herumgetragen und erste Konzepte entwickelt. Dann bin ich mit einem ganz anderen Projekt bei Jugend forscht angetreten und dort auf Luise Merbach, die Leiterin des Schülerforschungszentrums in Schmalkalden, gestoßen und habe ihr von meiner Idee erzählt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon vielen Leuten von meiner Idee erzählt, aber sie war die erste die mich ernstgenommen hat und meinte, dass wir uns in ein paar Jahren wiedersehen würden und ich dann etwas ganz Großes geschafft hätte. Deshalb habe ich dann mit 14 erstmal ein Praktikum auf einer Demenzstation gemacht und gesehen, dass einiges in der Behandlung ineffizient läuft. Dann bin ich zu meiner Informatiklehrerin und meiner Klassenlehrerin gegangen und habe gesagt, dass ich gern Programmieren lernen möchte, weil es noch keine wirklich effektiven Softwaren für die Betreuung von Demenzpatienten gibt. Also übernehme ich das jetzt.
Was meinst du denn damit, dass die Behandlung auf Demenzstationen ineffizient verläuft? Wie muss ich mir das vorstellen?
Im stationären Bereich wird die Demenzbetreuung so vollzogen, dass die Betroffenen zwar beschäftigt werden, die Beschäftigung aber eigentlich keinen wirklich therapeutischen Hintergrund hat. Es geht eher darum, die Gemütslage zu regulieren, also sich wohler zu fühlen. Es gibt auch gezielte Ergo- und Sozialtherapien, die auch kognitiv etwas anregen, aber es gibt eben keine gezielte, reine Gedächtnistherapie, bei der immer wieder der gleiche Hirnbereich anvisiert wird, um die Krankheit zu verlangsamen.
Also handelt es sich aktuell eher um eine Form der Beschäftigungstherapie?
Genau. Das wird aktuell so gehandhabt, weil natürlich auch das Personal dafür fehlt, etwas anderes zu machen. Richtige, effektive Betreuung dauert vor allem in der Vorbereitung immens lang, weil man die Biografie der betroffenen Person erstmal kennenlernen und vielleicht sogar auswendig lernen muss. Dann sollte man im besten Fall noch persönliche Inhalte haben, beispielsweise Bilderbücher, die von Angehörigen beigesteuert werden. Und dann muss man das Ganze entsprechend vorbereiten und anschließend dokumentieren. Das ist so viel Aufwand für einen relativ kurzen Behandlungszeitraum einer einzelnen Person, dass man im stationären Bereich verständlicherweise eher einfachere Sachen macht, die nicht so lange dauern.
Wie genau schließt deine App denn diese Lücke? Also was kann deine App dazu beitragen, die Situation zu verbessern?
Ich sag immer so schön, dass meine Dementia Web App im Grunde ein Leitfaden für die Therapie und Betreuung ist. Sie ist so aufgebaut, dass wir vier Jahreszeiten mit je drei Monaten haben, in denen sich Bilder befinden. Man könnte sagen, dass es eine Art Bilderbuch ist, nur dass auch musikalische Inhalte integriert sind. Das ist alles sehr visuell gestaltet und wechselt sich auch nicht ab. Wenn ich also mit einer Patientin am Donnertag da reinschaue und das gleiche am nächsten Donnerstag wieder mache, sieht sie wieder dasselbe. Denn genau das ist der Zweck dahinter, immer wieder dasselbe zu machen, um im Hirn dasselbe anzuregen.


Die kleine Vivien mit ihrer dementen Uroma Anni (links).
Dadurch kommen natürlich auch immer wieder dieselben Gesprächsthemen auf, aber das ist gut, denn so kann die Krankheit verlangsamt werden. Und auch als Angehörige hat man so Mitgestaltungsmöglichkeit bei der Therapie, indem man sich einen Account anlegt und dann persönliche Fotos in diesen Jahreskreis einpflegt. Wir hatten diese Möglichkeit als Angehörige leider nicht.
Das heißt, du hattest selbst auch einen Demenzfall in der Familie?
Ja, meine Uroma Anni. Von meiner Geburt bis etwa zu meinem siebten Lebensjahr haben wir sie regelmäßig besucht und uns um sie gekümmert, aber irgendwann ging das aufgrund veränderter Lebensumstände nicht mehr und dann musste sie in ein Heim umziehen. Und da hat sie dann wirklich stark abgebaut. Innerhalb von einem halben Jahr stand vor mir eine ganz andere Person. Ihr ist im Grunde das ganze Projekt gewidmet, weshalb die App in ihrem Andenken auch noch umbenannt werden soll in Anni Tech.
Du erwähntest vorhin auch kurz Jugend forscht. Wo kommt denn deine Affinität für Naturwissenschaften und Technik her?
Ich habe das große Glück, hier in Ruhla an einer Schule zu sein, die das extrem fördert. Ab der siebten Klasse konnten wir uns in ein Fach namens Praktische Naturwissenschaften einwählen und arbeiten da mit einer Lehrkraft ein Projekt aus. Als Teil dieser Klasse ist man sogar gezwungen, drei Jahre in Folge an Jugend forscht teilzunehmen. Man muss auch nicht immer das gleiche machen. Ich habe zum Beispiel im ersten Jahr eine mechanische Chamäleonzunge gebaut. Im zweiten Jahr hatte ich unter dem Thema „Rauchen reduzieren“ eine Zigarettenschachtel mit Timer entwickelt, die einmal pro Stunde selbstständig eine Zigarette ausgeworfen hat. Und dann, im dritten Jahr, bin ich mit der App angetreten.
Darf ich also davon ausgehen, dass du in den naturwissenschaftlichen Fächern besonders gut bist in der Schule?
Ich muss wirklich sagen, dass ich eher Inselbegabungen habe. Ich bin in allem gut, was mich interessiert und alles andere steht hinten an. Physik und Informatik laufen zum Beispiel gut, aber komischerweise bin ich gar nicht gut in Mathe.
Nun machst du ja auch bald dein Abi. Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus, sobald du deinen Schulabschluss in der Tasche hast?
Also ich bleibe auf jeden Fall erstmal in Thüringen und studiere, so viel steht fest. Ich muss mich nur noch entscheiden, ob Bioinformatik, oder BWL, da habe ich aktuell verschiedene Angebote, die ich wahrnehmen könnte. Außerdem möchte ich, wie schon erwähnt, meine eigene Firma gründen und mit der App die nächsten Schritte gehen. Sie ist funktionstüchtig und war auch schon in verschiedenen Pflegeeinrichtungen für Testphasen im Einsatz. Aber es gibt noch ganz viele Features, die ich einbauen möchte, bei denen ich mit meinen autodidaktischen Kenntnissen aber langsam an meine Grenzen stoße.
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