Einsatz in Afrika: Der Gesellschaft etwas zurückgeben

Du bist mit der Schule fertig und möchtest dich gern an einem sozialen Projekt beteiligen? Dann geht es dir wie Johanna. Die heute 27-Jährige war 2023 mit der Weimarer Organisation Dentists for Africa in Kenia, um dort Hilfe zu leisten, wo Hilfe benötigt wird.

 

Johanna und Freundin Lisa (links) beim Einsatz in Kenia. Fotos: Privat

Johanna, wann warst du für Dentists for Africa in Kenia und für wie lange?

Ich war 2023 mit einer Studienfreundin dort. Wir hatten gerade unser Medizinstudium abgeschlossen und haben in Afrika Urlaub gemacht. Wir wollten aber nicht nur als Touristinnen dort hin, sondern den Menschen dort auch etwas zurückgeben, weshalb wir nach dem Urlaub noch für einen weiteren Monat dortgeblieben sind, um das Projekt in Westkenia zu unterstützen.

Spontan?

Nein, das wurde natürlich im Vorfeld alles abgesprochen und organisiert. Um die Flüge haben wir uns selbst gekümmert, aber der Ablauf wurde uns erklärt und die Kontaktpersonen vorgestellt. Vor Ort wurden wir auch nie alleine gelassen,  es war immer jemand da, an den wir uns wenden konnten. Obwohl es schon seltsam war, am Flughafen anzukommen und dort 20 wartende Taxis zu sehen. Das zu finden, das auf uns gewartet hat, war gar nicht so einfach.

Wie bist du zu Dentists for Africa gekommen?

Mein Onkel leitet das Projekt, weshalb ich quasi damit aufgewachsen bin. Er hat mir schon in meiner Kindheit davon erzählt, weshalb ich auch immer nach Afrika wollte. Nach meinem Abi am Gymnasium Kölleda bin ich aber erstmal in die USA und war dort Pfadfinderin in einem Summercamp. Als ich zurückkam, habe ich in Leipzig mein Medizinstudium begonnen, weil mich schon immer interessiert hat, wie der menschliche Körper funktioniert. Ich wollte aber weiterhin gern mal an einem Projekt der Organisation teilnehmen, was durch den medizinischen Hintergrund auch gut gepasst hat. Mir gefällt daran vor allem der Grundsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das Ziel der Organisation ist es, sich schrittweise aus den Projekten zurückzuziehen, nachdem an den Standorten die Voraussetzungen zur selbstständigen Verwaltung geschaffen wurden.

Hast du dem Thema des Projekts entsprechend Zahnmedizin studiert?

Nein, ich habe Humanmedizin studiert. Das Studium dauert sechs Jahre, in denen man alles zum Thema Medizin lernt. Jetzt bin ich im zweiten Jahr meiner fünfjährigen Facharztweiterbildung, in der ich mich auf Fachgebiete festlege, in meinem Fall auf die Bereiche Anästhesie und Intensivtherapie. Aber das Projekt „Dentists for Africa“ umfasst nicht nur Zahnuntersuchungen, sondern beispielsweise auch Waisen- und Witwenhilfe. Das spricht viele verschiedene Leute an und es gibt auch für jede helfende Hand einen Platz, egal ob zahnmedizinische Angestellte, Krankenschwester oder Sozialarbeiter. Als Humanmedizinerinnen haben wir natürlich andere Aufgaben übernommen, als Zahnuntersuchungen durchzuführen.

Johanna in ihrer Arbeitsuniform.

Welche Aufgaben waren das?

Wir haben in drei unterschiedlichen Krankenhäusern ausgeholfen. Dort haben wir die tägliche Visite auf den Krankenstationen begleitet und kleinere Aufgaben übernommen, aber auch den Alltag in kenianischen Krankenhäusern mitbekommen, wo dir von Typhus, über Malaria bis HIV/Aids alles begegnet. Und da haben wir auch mitbekommen, wie wenig Hilfe wir den Ärzten wirklich leisten konnten. Wir kamen direkt aus dem Studium und hatten von der Praxis nur wenig Ahnung. Die Ärzte haben uns dort wirklich viel erklärt und beigebracht über Krankheiten, denen wir bisher noch nicht begegnet sind.

Besonders spannend war, dass wir Vorträge zur sexuellen Aufklärung an Mädchen schulen halten durften. Das war zwar extrem fordernd, weil es auch viel um Gewalt und Krankheiten ging, aber es war auch schön zu sehen, wie sich die Mädchen öffnen und darüber sprechen konnten. Denn in Kenia ist das ein echtes Tabuthema, über das die Kirche nicht spricht, über das die Eltern nicht sprechen, weil es sich in dieser Gesellschaft dort nicht gehört, und über das auch die Lehrenden nicht sprechen, weil sie sonst Ärger mit den Eltern bekommen. Wir waren deshalb auch sehr unsicher, ob wir das machen können und haben mit dem Pastor und den Lehrenden darüber gesprochen, die uns bestätigt haben, dass das unbedingt notwendig wäre, sich aber niemand traut. Da helfen zu können, hat sich wirklich gut angefühlt.

Natürlich haben wir auch am zahnmedizinischen Projekt mitgewirkt und Schulen besucht. Dort wurden die Kinder kostenlos untersucht und im Zweifelsfall behandelt, wenn es Zahnprobleme gab. Da wir beide keine Zahnmedizinerinnen sind, haben wir dabei eher die Schreibarbeit übernommen und das Ganze pädagogisch begleitet.

Was war für dich das Schönste an der ganzen Erfahrung?

Wir hatten dort eine Art Ersatzmama, die sich um uns gekümmert hat, mit der wir immer zusammen gekocht haben. Mit den Menschen dort in der Küche zu stehen und deren Landesküche zu kochen, gemeinsam zu singen und in die Kirche zu gehen, das sind schon Momente, die mir auf jeden Fall in Erinnerung bleiben.

Was gibt es aus deiner Sicht zu beachten, wenn man sich für ein solches Projekt interessiert und sich ebenfalls engagieren möchte?

Ich glaube, am wichtigsten ist es, dass man Empathie mitbringt und den Menschen mit Respekt begegnet. In Afrika ist jeder willkommen. Aber man sollte sich der Rolle des Gastes bewusst sein, als der man nach Kenia reist. Die Menschen dort haben ihre eigene Kultur und gerade im ländlichen Raum auch oft ihre eigene Sprache. Deshalb ist es umso wichtiger, einander nett und respektvoll zu begegnen. Ich denke, wenn man ein grundsätzliches Interesse an sozialen Projekten dieser Art, an der Kultur des Landes und Sensibilität für die Menschen dort mitbringt, sind das schon sehr gute Voraussetzungen. Natürlich schadet es auch nicht Englisch zu sprechen, aber ich denke, da kommt man mit Schulkenntnissen überwiegend aus.

Man sollte sich aber definitiv bewusst sein, dass einem viele Situationen begegnen werden, in denen man einfach hilflos ist und nicht helfen kann, obwohl man es gern würde. Die Menschen dort geben ihr absolut Bestes, aber leider ist das Leben oft unfair. Das ist teilweise wirklich schwer zu akzeptieren, weshalb es gut wäre, jemanden dabei zu haben, um sich über das Erlebte auszutauschen oder, so wie wir, Tagebuch zu führen.

Dentists for Africa

1999 in Weimar gegründet, hat sich Dentists for Africa auf die Fahne geschrieben, die zahnärztliche Versorgung im ländlichen Kenia zu verbessern. Bereits 14 Zahnarztpraxen wurden durch das Projekt errichtet, von denen aus mobile Programme organisiert werden, u.a. zur kostenfreien Zahnuntersuchung an Schulen. Das Patenschaftsprogramm der Organisation leistet finanzielle Unterstützung für Menschen, die eine Karriere in der Zahnmedizin anstreben, um die zahnmedizinische Versorgung in Kenia durch ausgebildetes Fachpersonal nachhaltig zu verbessern.

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