Erfurter Simon Seyfarth trainiert für Paralympics
Fußballspielen und Para-Leichtathletik: Das sind die beiden Leidenschaften von Simon Seyfarth. Der 16-jährige Erfurter hat große Ziele und trainiert dafür hart.
Simon Seyfarth
Foto: privat
Simon Seyfarth (16) aus Erfurt ist als Kleinkind an einer Meningokokken-Sepsis erkrankt. Das ist eine sehr schwere Krankheit, die schnell erkannt werden muss und bei der die Überlebenschance, je später sie behandelt wird, sehr schnell sinkt. Laut Simons Vater lag sie damals bei unter fünf Prozent. Jetzt trainiert Simon für seinen Traum vom Start bei den Paralympischen Spielen 2024.
Was für eine Erkrankung hattest du?
Ich hatte, als ich 15 Monate alt war, eine Meningokokken-Sepsis. Das ist eine Blutvergiftung. Die Bakterien haben sozusagen meine Hautkapillaren zerfressen – besonders mein Bein. Deswegen musste mir mein linker Fuß amputiert werden und seitdem hatte ich mehr als 80 OPs. Ich habe deswegen auch am ganzen Körper ganz viele Narben. Eine große Narbe habe ich zum Beispiel an meinem linken Arm. Wenn wir die nicht behandelt hätten, wäre der Arm stocksteif geworden und ich hätte ihn nicht mehr bewegen können. An meinem Bein hatte ich auch viele OPs wegen Beinverlängerungen, da ich nicht mehr normal wachsen kann. Das war wirklich sehr schmerzhaft.
Das Foto, auf dem Simons Vater ihm beim Anlegen der Fußprothese in der Kabine hilft, wurde vom Kicker zum „Jugend- und Amateurfußball-Foto des Jahres 2018“ gewählt.
Fotograf: Steve Bauerschmidt
Sport spielt in deinem Leben eine große Rolle. Im März hat dich der Deutsche Fußballverband als „Amateur des Jahres“ ausgezeichnet. Seit wann spielst du Fußball?
Ich bin zum Fußballspielen gekommen, weil ich als Kind meinen Lieblingsclub – den BVB – spielen gesehen habe und auch unbedingt spielen wollte. Jetzt spiele ich seit fünf Jahren Fußball und war Stammspieler beim VfB Grün-Weiß 1990 Erfurt. Erst konnte ich dort nur Trainings- und Freundschaftsspiele mitmachen, weil mir wegen der fehlenden Unbedenklichkeitsbescheinigung eines Arztes der Spielerpass fehlte.
Wie bist du zur Para-Leichtathletik gekommen?
Dazu kam ich durch die Para-Leichtathletin Birgit Kober, die 2016 den Paralympics-Rekord im Kugelstoßen aufgestellt hat. Sie ist vor vier Jahren auf Instagram auf mich aufmerksam geworden und hat mich gefragt, ob ich nicht mal Leichtathletik ausprobieren möchte. Darüber habe ich meine Erfurter Trainerin Marion Peters kennengelernt, die auch Bundestrainerin für Para-Leichtathletik ist. Meine Hauptdisziplin ist Kugelstoßen, dabei wurde ich auch schon mehrmals Deutscher Meister – zuletzt im Februar bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in der Jugend U20. Außerdem trete ich im Wettkampf im Sprint und Weitsprung an.
Foto: privat
Du bist zum Halbjahreswechsel auf die Lausitzer Sportschule Cottbus gewechselt. Warum?
Die Idee kam letztes Jahr zu den Internationalen Deutschen Para- Leichtathletik Meisterschaften. Die Bundestrainerin hatte mir die Athleten von dort vorgestellt und ein paar kannte ich auch schon. Nach zwei Probewochen habe ich mich dazu entschieden, dorthin zu wechseln, weil es mir viel Spaß gemacht hat und ich dort viele Entwicklungsmöglichkeiten habe. Denn in Brandenburg läuft es besser mit der Inklusion, denn – ich sag mal – Thüringen ist da noch nicht so fortgeschritten. Außerdem kommen von dieser Sportschule viele Olympiasieger – zum Beispiel Radrennfahrer, die schon zig Siege eingefahren haben.
Ich starte aber immer noch für meinen Heimatverein – den HSC Erfurt – und für Thüringen. Meine Trainerin dort ist Marion Peters und ich bin sehr stolz, dass ich bei ihr Leichtathletik machen kann, da ich ihr viel zu verdanken habe. Wegen ihr und ihres Tempo- und Techniktrainings habe ich es auch geschafft, Stammspieler in meinem Fußballverein zu werden.
Was sind deine Ziele?
Ich will nächstes Jahr bei den Paralympics mitmachen! Dafür trainiere ich hart und intensiv – jeden Tag während der Schulzeit. Noch bin ich nicht im Bundeskader, aber ich hoffe, dass ich das bald schaffe. Denn ich möchte gerne für mein Land antreten.
Wer sind deine Vorbilder?
Im Fußball ist es auf jeden Fall Marco Reus. Wie er spielt, ist einfach mega. Bei der Leichtathletik ist es Johannes Floors, denn er ist auch Prothesen träger wie ich, und hält im Sprint mehrere Weltrekorde. In Regensburg zu den Internationalen Deutschen Para-Leichtathletik-Meisterschaften 2022 hat er vor meinen Augen zwei neue Weltrekorde aufgestellt. Das mal live mitzuerleben, da kriegst du als junger Mensch auch gleich den Ansporn, mal einen Weltrekord aufzustellen.
Foto: privat
Die Wettkampfklassen im Para-Sport
Im Para-Sport spielen Klassifizierungen in verschiedene Wettkampfklassen eine wichtige Rolle. Sie sollen die Wettkämpfe gerechter gestalten, denn je nach der Art und Weise der Beeinträchtigung bringen die Sportler unterschiedliche Voraussetzungen für ihre Sportart mit.
Simon startet national in der Wettkampfklasse „T/F 62“ für Sportler mit Amputationen oder Lähmungen. Für internationale Wettkämpfe steht die Klassifizierung bei Simon noch aus: Möglich wäre auch hier die Klasse „T/F 62“ für Athleten mit einer beidseitigen Unterschenkelamputation oder -lähmung, oder die Klasse „T/F 64“ mit einer einseitigen. (sa)