Mit Jugend forscht hat’s angefangen

Linn Bieske hat als Schülerin sehr erfolgreich über mehrere Jahre an den Jugend-forscht-Wettbewerben teilgenommen. Der Wettbewerb hat bei ihr aber auch genau das bewirkt, was sein selbst ernanntes Ziel ist. Denn Linn hat darüber ihre Leidenschaft für Physik und Technik entdeckt – und studiert heute am berühmten MIT in den USA.

 

Linn Bieske (Jugend forscht)

Linn Bieske. Foto: privat

Wie kam es zu deinem Interesse an Physik und Technik?

Ich habe mich früh für Mathematik interessiert, und als in der siebten Klasse Physik als Fach dazu kam, gemerkt, dass das mein absolutes Lieblingsfach ist. Ich fand es unfassbar spannend, den theoretischen Teil der Mathematik mit dem praktischen Teil der Physik zu verbinden.

Warum hast du bei Jugend forscht mitgemacht?

Ich war an der Goetheschule in der Spezialklasse für Mathematik und Naturwissenschaften und ab der neunten Klasse haben wir da ein kleines Forschungsprojekt gemacht. Klar hätte ich auch einfach die Arbeit abgeben können und fertig. Aber ich dachte, dass Jugend forscht eine spannende Möglichkeit ist, um anderen Leuten von meiner Technologie zu berichten und mich mit anderen jungen Menschen auszutauschen und zu sehen, was sie entwickeln.

Was waren deine einprägsamsten Projekte?

Mein erstes Projekt hat den Grundstein dafür gelegt, dass ich gemerkt habe, dass ich Materialien, Elektrotechnik und Kommunikationstechnologie – und gerade die Kombination daraus – spannend finde. Deswegen bin ich später in die interdisziplinäre Richtung gegangen. Mein zweites Projekt habe ich über meine Schulzeit mit ins Studium genommen. Das war eine transparente Antenne, um besseren Handyempfang in Gebäude zu bringen, aber gleichzeitig Wärmeschutz zu garantieren. Die Weiterentwicklung der Technik war Thema meiner Bachelorarbeit. Jugend forscht hat mich also dazu verleitet, Materialwissenschaften an der RWTH Aachen zu studieren – ein sehr interdisziplinäres Fach.

Was lernt man in Materialwissenschaften?

Man lernt, wie man alle Produkte dieser Welt herstellen kann – aus Glas, Metall bis zu Kunststoffen. Je nachdem, wo man das studiert, hat es mehr einen naturwissenschaftlichen oder ingenieurwissenschaftlichen Fokus. Die RWTH Aachen hat eine gute Kombination aus der Prozesstechnik, und wie man die verschiedenen Werkstoffe verarbeitet, und der Elektrotechnik angeboten. Dadurch verstehe ich die fundamentalen Zusammenhänge der Materialien und kann das Wissen aber auch anwenden. Für meinen Master in Materialwissenschaften bin ich nach Zürich gewechselt, weil ich mir dort die Module sehr flexibel zusammenstellen konnte und mich besser an meiner Schnittstelle zwischen Physik und Elektrotechnik weiterentwickeln konnte.

Aber nach deinem ersten Masterabschluss hast du weiterstudiert. Warum?

Einerseits wollte ich nochmal im englischsprachigen Ausland studieren, denn viele meiner Freunde haben das gemacht und ich wollte auch diese Erfahrung machen. Andererseits haben zwei Freunde schon während meines Masters zu mir gesagt, ich solle mit meiner Technologie ein Start-up gründen. Ich hatte zwar keine Business-Erfahrung, aber warum nicht? Aber in dem Prozess habe ich gemerkt, dass es große Markteintrittsbarrieren gibt, die den Schritt vom Labor auf den Markt stark erschweren. Also habe ich mir gedacht, die Technologie ist so cool, aber jetzt scheitert es am Business-Modell? Das kann nicht sein, ich brauche Wissen und Erfahrungen aus dem Business-Bereich, um tatsächlich zukünftig Technologien entwickeln zu können, die das Labor verlassen.

Stiftung Jugend forscht e.V.: Linn Bieske

Foto: Stiftung Jugend forscht e.V.

Linns Steckbrief

 

Wie ging es dann weiter?

Ich habe mich an der Imperial College Business School in London für ein Business Analytics Programm eingeschrieben, um den Business-Teil zu lernen. Ich dachte, dort lerne ich, wie ich datengetrieben Business-Entscheidungen treffen kann, aber wie sich herausgestellt hat, war das eigentlich ein Data-Science-Programm, was mir Machine Learning (Teilbereich der Künstlichen Intelligenz) beigebracht hat. Also habe ich mich ungeplant im Informatik-Bereich weitergebildet und einen komplett neuen Satz an Fähigkeiten gelernt. In dem einjährigen Master mussten wir auch ein Praktikum machen und dafür bin ich zurück nach Zürich, um in einer Unternehmensberatungsfirma zu arbeiten.

Danach wollte ich aber mein Data-Science-Skill-Set erweitern und habe bei einer anderen Unternehmensberatungsfirma angefangen. Dort ist der Karriereweg so, dass man nach den ersten Jahren Berufserfahrung, nochmal raus zum Studieren geht. Seitdem studiere ich in einem sogenannten „Professional Degree Program“ am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston. Das ist ein Programm, das einen darauf vorbereitet Führungskraft zu werden.

Hättest du dir als Schülerin vorstellen können, dass du mal in den USA studierst und lebst?

Für mich war sehr lange nicht klar, was ich studieren möchte. Ich wusste, es sollte was Technisches sein, aber wusste nicht genau, was. Aber dass ich mal am MIT studieren werde, hätte ich nie gedacht. Das war nach dem Abitur gar nicht vorstellbar.

Linn, du engagierst dich auch im Verein Legatum, der das Ziel hat, junge Menschen aus den neuen Bundesländern in ihrer akademischen und beruflichen Laufbahn zu unterstützen. Warum?

Wenn ich mir meinen eigenen Weg anschaue, war der sehr stark von den Vorbildern um mich herum geprägt. Ohne die Spezialklasse an der Goetheschule hätte ich wahrscheinlich nicht an Jugend forscht teilgenommen. Und durch Jugend forscht bin ich in ein Netzwerk aus jungen Leuten gekommen, die spannende Sachen machen. Einige haben in Zürich studiert, also hat mich das inspiriert, das auch zu machen. Seit meinem Bachelor wurde und werde ich häufig durch unterschiedliche Stipendien gefördert. Dabei fällt mir auf, dass ich häufig die Einzige oder eine von wenigen aus den neuen Bundesländern bin – und das mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung.

Es gibt einfach strukturelle Unterschiede und ich habe gemerkt, dass es in den neuen Bundesländern an Vorbildern fehlt. Deswegen war ich für zwei Jahre Leiterin des Mentorenprojekts für Schüler bei Legatum. Das musste ich zwar inzwischen wegen der Zeitverschiebung abgeben, aber ich bin weiterhin Mentorin für einzelne Schüler und Schülerinnen.

Was würdest du allen Schülern gern mit auf den Weg geben?

Es ist OK, wenn man nicht genau weiß, was man machen möchte und es einfach mal ausprobiert. Und es ist auch OK, wenn man nicht den Standardweg einschlägt.

Hast du selbst Lust an Jugend forscht teilzunehmen? 

Share This