In große Fußstapfen treten
Corinna Marr hat es Anfang dieses Jahres gewagt: Sie ist die Nachfolge des Familienunternehmens angetreten und hat sich selbstständig gemacht. Jetzt dreht sich ihr Alltag um ihr buntes Blumenmeer in Zella-Mehlis.
Corinna Marr zeigt uns ihre Gärtnerei. Fotos: Sandra Böhm
In große Fußstapfen treten: Familientradition im Berufsleben
Seit inzwischen fünf Generationen gibt es die Gärtnerei Marr in Zella-Mehlis. Immer war sie in den Händen von Corinna Marrs Familie. Ihr Vater hat es von seinem Vater übernommen und der von seinem – so zieht sich die Geschichte. Jetzt steht zum ersten Mal eine Frau an der Spitze: Corinna Marr. „Natürlich sind das große Fußstapfen, in die ich trete. Da will ich meinen eigenen Anforderungen gerecht werden“, sagt die 34-Jährige. „Nächstes Jahr gibt es uns seit 120 Jahren. Da will ich natürlich nicht, dass es seit 120 Jahren läuft und dann komme ich und setze es in den Sand.“
Selbstständigkeit als zweiter Weg
Ursprünglich hat sie einen anderen Karriereweg eingeschlagen. „Ich bin ja damit großgeworden. Aber ich habe eine Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel gemacht und habe dort die letzten 16 Jahre gearbeitet“, erzählt Corinna Marr. Dort ist sie die Karriereleiter raufgeklettert und war zuletzt stellvertretende Filialleiterin. Doch es war klar, dass ihr Vater, Joachim Marr, dieses Jahr in Rente gehen will und einen Nachfolger sucht. Das Problem: Es hat sich keiner gefunden. Die Corona-Pandemie habe auch den Gärtnereien und Blumengeschäften stark zugesetzt, so Corinna Marr. Auch das Familiengeschäft habe nur überlebt, da sie als Gärtnerei „click and collect“ anbieten konnten. Sonst wäre es schwierig geworden.
„Eigentlich wollte ich das Unternehmen nicht übernehmen. Die Arbeit ist so wetterabhängig und man kann nicht so sehr vorab planen“, so die Nachfolgerin. „Aber als sich niemand gefunden hat, habe ich mir gedacht: ‚Nee, das kann ich nicht auf mir sitzen lassen!‘ Außerdem war es immer in Familienhand.“ Also hat sie den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt, ihren festen Job gekündigt und ist zum 1. Januar dieses Jahres gestartet.
Tatkräftige Unterstützung ist wichtig
„Es ist eine so schöne Arbeit. Sie erfüllt einen. Das habe ich in den letzten Jahren im Verkauf vermisst“, gesteht sie. „Es ist auch so: Wenn du früh vielleicht mit schlechter Laune aufstehst, dann läufst du durch die Gärtnerei, siehst die Blumen, dann kriegst du sofort gute Laune. Die Kunden freuen sich wahnsinnig darüber. Es ist eine wahnsinnig dankbare Arbeit.“
Corinna Marr sieht sich in ihrem Unternehmen als die Springerin: Sie springt überall dort ein, wo sie gerade gebraucht wird. Mal ist sie im Blumenverkauf tätig, dann verpackt sie Geschenke, jätet hinten im Garten Unkraut, berät die Kunden und kümmert sich um Bestellungen und die Abrechnung. Wie man Blumensträuße bindet, hat sie von der langjährigen Angestellten Karin, die schon zu Zeiten ihres Vaters im Geschäft gearbeitet hat, beigebracht bekommen. „Wir ergänzen uns sehr gut. Sie ist seit 30 Jahren Floristin und ich frage beim Verkauf als gelernte Kauffrau eben, ob’s als Geschenk verpackt werden soll oder ob der Kunde noch einen Übertopf für die neue Pflanze benötigt.“ Viel Knowhow über Pflanzen und Gärten hat sie sozusagen schon mit in Wiege gelegt bekommen, aber sie lernt immer weiter. Wenn sie sich bei einer Sache nicht sicher ist, hat ihr Vater die Antwort sicher parat.
Business- und Finanzpläne für den Durchblick
Die größte Herausforderung lag für die junge Gründerin in der Bürokratie: „Das lernst du ja nirgends, weder in der Schule noch in der Ausbildung. Ich musste einen Businessplan schreiben und auch einen Finanzplan.“ Unterstützung habe sie schließlich von der IHK, dem Thex und vom Landratsamt Schmalkalden-Meiningen erhalten. Die junge Unternehmerin denkt jetzt schon an die Zukunft. Nach vier Jahren könne sie nämlich den Ausbilderschein machen und dann auch selbst Floristen ausbilden.
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