Mit MINT die Umwelt retten
Altbackene Rollenbilder halten sich auch in der heutigen Zeit. Selbst, wenn sie noch so veraltet sind. Hinsichtlich der Berufsorientierung heißt es zum Beispiel, dass sich Mädchen und Frauen nicht so sehr für Naturwissenschaften und Technik interessieren würden. Das stimmt natürlich nicht. Trotzdem ist es so, dass von 1.101.943 Studierenden, die im Wintersemester 2020/2021 in einem MINT-Fach eingeschrieben waren, nur 348.799 Studentinnen waren – also nicht mal ein Drittel. Das geht aus einer Studie des statistischen Bundesamtes hervor.
Eines von Tabea Gabis Projekten: VertiKKA – die vertikale Klima-Kläranlage
Fotos: privat, Bauhaus-Universität Weimar
Tabea Gabi studiert Umweltingenieurwissenschaften in Weimar
Tabea Gabi studiert an der Bauhaus-Universität in Weimar Umweltingenieurwissenschaften.
In ihrem Studiengang hat sie nicht den Eindruck, dass dort eine Überzahl an Männern studieren würde. „Ich habe sehr viele Kommilitoninnen. Was mir jedoch auffällt, ist, dass die Lehrenden fast nur Männer sind. Wir hatten nur eine Professorin. Je jünger jedoch die Generationen, desto mehr Frauen sind dort.“
Begonnen hat die 21-Jährige mit dem Studiengang Bauingenieurwesen.
Nach dem Grundstudium hat sie sich auf Umweltingenieurwissenschaften spezialisiert. „Naturwissenschaften haben mich schon immer interessiert, insbesondere Mathematik. Deswegen habe ich während der Schule auch ein Frühstudium Mathematik begonnen. Das war mir aber zu theoretisch.“ Andere Fächer fielen ihr in der Schule aber nicht ganz so leicht, wie zum Beispiel Biologie und Chemie. Das stört sie während ihres Studiums jedoch nicht. „Bevor ich das Studium begonnen habe, hatte ich schon ein bisschen Angst davor. Aber im Studium beginnen wir bei null. Außerdem habe ich viel mit Kommilitonen zusammen gelernt. Da konnten wir uns gut gegenseitig helfen.“
Inzwischen ist Tabea Gabi im siebten Semester und muss nur noch ihre Bachelorarbeit abgeben.
Die schreibt sie zum Thema nachhaltige Wohngebiete im Kontext der regionalen Kreislaufwirtschaft. „Dabei geht es darum, dass nachhaltige Wohngebiete sich nicht nur auf nachhaltige Energiegewinnung konzentrieren sollten, sondern auch auf die Stoffströme wie zum Beispiel Abwasser und Abfall. Man sollte auch schauen, was mit denen passiert und dass sie eine nachhaltige Behandlung erfahren.“
Abwasser- und Siedlungswasserwirtschaft sind genau die Themengebiete von Tabea Gabi.
An der Universität hat sie schon an mehreren Projekten, die dahingehend laufen, mitgearbeitet. Eins dreht sich um die Rückgewinnung von Phosphor aus Urin. „Es wissen viele nicht, dass die Phosphorressourcen auf unserer Erde zurückgehen. Phosphor brauchen wir jedoch als Düngemittel in der Landwirtschaft.“
Ohne Phosphor wachse nichts mehr. „Deswegen sollten wir das Abwasser nicht mehr nur als Abfall ansehen“, erklärt die Studentin. Ein anderes Projekt, an dem sie mitarbeitet, heißt „VertiKKA – Vertikale Klima-Kläranlage“. Dabei reinigen sie Grauwasser, also nicht so stark verschmutztes Wasser aus Duschen und Waschbecken, durch Filter, die mit einer Fassadenbegrünung kombiniert sind. Das Grauwasser wird gereinigt und dient gleichzeitig zur Bewässerung der Pflanzen.
Abwasser kann noch viel mehr: Derzeit läuft an der Universität ein Projekt zur Corona-Früherkennung.
Dafür würden aus dem Thüringer Umland Proben aus dem Abwasser entnommen, um sie auf Coronaviren zu testen. Denn wo Menschen infiziert sind, scheiden sie die Viren auch aus. Somit lassen sich durch Abwasserproben Infektionsherde erkennen. Selbst um welche Virusvarianten es sich in einzelnen Stadtteilen handelt, kann so herausgefunden werden.
Während ihres Studiums absolvierte Tabea Gabi auch zwölf Wochen Praktika – bei einem Schreiner und einem Fliesenleger.
„Ich habe absichtlich nach etwas Handwerklichem gesucht. Denn wenn man später zum Beispiel in Richtung Bauleiter geht, dann sollte man schon handwerkliche Erfahrung mitbringen.“
Anpacken wird Tabea Gabi in den kommenden Monaten auf jeden Fall.
Wenn sie ihren Bachelor abgeschlossen hat, wird sie für einige Monate auf die griechische Insel Lesbos gehen, um dort in der Hilfsorganisation Watershed einen Freiwilligendienst abzuleisten. In den notdürftigen Unterkünften dort, in denen Geflüchtete leben, wird sie Abwasseranlagen, Duschen und Sanitäranlagen bauen. Im Anschluss daran möchte sie auf jeden Fall den Masterstudiengang Umweltingenieurwissenschaften anhängen und ihren Fokus vertiefend auf Siedlungswasserwirtschaft legen. (sa)