Weiterbildung? Check!

Jedes Jahr absolvieren 516 Menschen ihre Weiterbildung in einem höheren Bildungsabschluss bei der IHK Erfurt. Manche schließen sie direkt nach ihrer dualen Ausbildung an, andere sammeln erst ordentlich Berufserfahrung. Warum machen sie das? Wir haben mit drei von ihnen gesprochen.

 

Wirtschaftsfachwirt Stefan Schulz

Stefan Schulz ist 41 Jahre alt und studierter Förster. Er absolvierte eine Weiterbildung zum Wirtschaftsfachwirt. Fotos: Sandra Böhm

Weiterbildung? Check!

Die Wege von Stefan Möckel, Sandra Sachse und Stefan Schulz könnten unterschiedlicher nicht sein. Aber eines haben sie dennoch gemeinsam: Sie haben sich neben ihrer Arbeit hingesetzt und in ihrer Freizeit gepaukt, um ihre Weiterbildungen erfolgreich abzuschließen. Dabei haben sie unterschiedliche Abschlüsse erworben und sich auf verschiedene Gebiete spezialisiert. Schon ihre Starts ins Berufsleben sahen unterschiedlich aus: Während Stefan Möckel und Sandra Sachse mit einer dualen Ausbildung begonnen haben, hat Stefan Schulz ein Studium abgeschlossen.

Vom Förster zum Büroleiter

„Ursprünglich bin ich Finanzbeamter, aber das war nicht so meins“, erklärt Stefan Schulz. Deswegen wechselte er in die Forstbranche und schloss das duale Forstwirtschaftsstudium ab. Als Förster ist er im hessischen Forstamt Rotenburg für die Jagd zuständig. Dabei kümmert er sich um alles, was dabei so anfällt, von der Organisation über die Durchführung bis zur Finanz- und Buchhaltung. Dann sei die Stelle des Abteilungsleiters im Büro des Forstamts frei geworden und er sah dies als willkommene Herausforderung: „Es ist schön, was Neues zu lernen – auch noch mit 40.“

Für zwei Jahre besuchte er die Abendschule, um seinen Abschluss zum Wirtschaftsfachwirt zu machen. Das ist eine Sonderform des Fachwirts. Während sich Fachwirte, wie zum Beispiel Immobilienfachwirte oder Tourismusfachwirte, auf ihr kaufmännisches Gebiet spezialisieren und dort tiefer in den Stoff einsteigen, ist der Wirtschaftsfachwirt nicht auf eine Branche beschränkt. So können Wirtschaftsfachwirte in ganz unterschiedlichen Unternehmen Führungspositionen im Management einnehmen. Gerade das Führen von Mitarbeitenden sei das, was den 41-Jährigen überzeugt hat, die Weiterbildung zu machen. Er habe nicht nur Sachbearbeiter sein wollen, sondern wollte in die Führungsposition. So geht es übrigens laut einer DIHK-Umfrage der Mehrheit derer, die eine Weiterbildung machen wollen.

Alle Weiterbildungen hintereinander

Auch Sandra Sachse hat sich nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau dazu entschieden, ihren Wirtschaftsfachwirt zu machen. Den hat sie aber schon längst in der Tasche. Die 25-Jährige hing gleich die nächsthöhere Weiterbildung an und darf sich jetzt Betriebswirtin nennen. „Ich wollte direkt nach der Ausbildung mehr machen und vor allem mehr wissen: Nur Industriekauffrau zu sein, das reichte mir nicht! Ich möchte Abteilungsleiterin werden“, erklärt sie ihre Ambitionen. Um einmal im Lernflow zu bleiben, machte sie gleich nach ihrem Ausbildungsabschluss den Abschluss zur Wirtschaftsfachwirtin und begann dann sofort die Weiterbildung zur Betriebswirtin.

Nach insgesamt vier Jahren lernen hat sie es jetzt geschafft. „Ich habe das alles nebenberuflich gemacht und Vollzeit gearbeitet. Montags bis donnerstags habe ich mir abends immer eine Stunde Zeit genommen, um den Stoff der vergangenen Woche durchzugehen, damit ich sonntags freihabe“, sagt sie. Außerdem hat sie es sich zu Nutze gemacht, dass sie in Gleitzeit arbeitet, also keine fest vorgegebenen Arbeitszeiten hat, sondern sich ihre Stunden selbst einteilen kann. Um freitags früher Feierabend zu haben, hat sie montags bis donnerstags länger gearbeitet. Freitagabend und den gesamten Samstag besuchte sie die Kurse für ihre Weiterbildung. Das sei schon anstrengend gewesen, sagt sie: „Man muss das wirklich wollen. Aber die Dozenten haben das sehr angenehm gestaltet.“

Alle guten Dinge sind neun

Für Stefan Möckel stand schon mit Mitte 20 fest, dass er nach seiner Lehre zum Kunststoffschlosser, was dem heutigen Abschluss zum Kunststoff- und Kautschuktechnologen entspricht, seinen Industriemeister machen möchte. Doch wie er selbst sagt, musste er neunmal Anlauf nehmen, um den Meister tatsächlich zu machen. Jedes Mal seien ihm vonseiten seiner verschiedenen Arbeitgeber Steine in den Weg gelegt worden: „Diesmal waren die Steine so klein, da habe ich mir gesagt: Jetzt mach ich’s!“ So hat er mit 49 Jahren seinen Industriemeister in der Tasche und kann sich auf seine zwei Lieblingsthemen konzentrieren: Qualitätsmanagement und Werkstoffkunde. In den 22 Jahren in seinem Beruf konnte Stefan Möckel einiges an Erfahrungen sammeln. So war er unter anderem für zwei Jahre Werksleiter in Tschechien und ansonsten in ganz Deutschland unterwegs.

Betriebswirtin Sandra Sachse

Sandra Sachse ist 25 Jahre alt. Die gelernte Industriekauffrau hat sich vier Jahre lang weitergebildet – erst zur Wirtschaftsfachwirtin, im Anschluss zur Betriebswirtin.

Industriemeister Stefan Möckel

Der 49-jährige Stefan Möckel ist gelernter Kunststoffschlosser und hat sich erfolgreich zum Industriemeister für Kunststoff weitergebildet.

Dass er mal eine solche Karriere hinlegt, hätte er vor über 30 Jahren wohl nicht gedacht. Es war damals die Zeit kurz nach der Wende und viele Unternehmen in Ostdeutschland mussten schließen – so auch in Thüringen. Er musste sich also eine der wenigen Lehrstellen ergattern und eben einen Beruf erlernen, in dem Azubis gesucht wurden. Ein Glücksgriff für Stefan Möckel: „Dass das mein Traumberuf wird, konnte damals keiner ahnen.“

Weiterbildung? Hauptsache machen!

So unterschiedlich auch ihre bisherigen beruflichen Wege waren, so sind sich alle drei einig: Ihre Weiterbildung bereuen sie nicht. „Macht’s! Es lohnt sich“, ist sich Stefan Möckel sicher. Sandra Sachse fügt hinzu, dass man mithilfe seiner Weiterbildungen an Positionen kommen kann, für die man eigentlich hätte studieren müssen. Auch Stefan Schulz empfiehlt die Weiterbildung: „Weil man mit der Zeit mitgehen muss. Es gibt gerade den technologischen Wandel und den Wandel in der Politik. Damit man die begreift, ist der Wirtschaftsfachwirt unabdingbar.“

Ähnlich wie in einer Ausbildung wird während der Weiterbildung theoretisches Wissen mit dem praktischen aus dem Berufsleben verknüpft. „Die Dozenten haben uns Beispiele aus ihrem Alltag erzählt und wir konnten das Wissen auf unsere Unternehmen anwenden. Dadurch, dass wir alle aus verschiedenen Unternehmen und Branchen kamen, hat das den Kurs bereichert. So konnten wir alle untereinander von den Erfahrungen der anderen profitieren“, erläutert Sandra Sachse.

In Zukunft hoch hinaus

Als Betriebswirtin hat Sandra Sachse nun die höchste Stufe des Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) erreicht. Deswegen tragen Betriebswirte auch den Abschluss „Master Professionell“. Fachwirte, Meister und Techniker kann man auch „Bachelor Professional“ nennen. Jetzt möchte sie sich auf ihren Job als Buchhalterin konzentrieren und so mit mehr Berufserfahrung die Karriereleiter hinaufklettern. Die Chancen dafür stehen gut, denn laut der DIHK-Umfrage hatten 60 Prozent der Absolventen eines höheren Bildungsabschlusses innerhalb von fünf Jahren eine höhere Position inne, trugen mehr Verantwortung und erhielten somit auch mehr Geld. Stefan Möckel hat in der Zwischenzeit bei der Erfurter IHK das Auswahlverfahren gemeistert, um neben seinem Job auch als Dozent für zukünftige Meister-Lehrgänge tätig zu sein. „Ich habe da voll Bock drauf“, freut er sich. So behält er nicht nur sein Wissen, sondern ist auch gezwungen, stets weiterzulernen. Auch Stephan Schulz kann sich vorstellen, als Dozent zu arbeiten.

 

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