Hier ist ihr Revier: Försterin Victoria
„Die letzten fünf und die nächsten 200 Jahre sind für alle, die in der Natur arbeiten, richtig spannend“, ist sich Victoria Eisenbach sicher. Und sie muss es ja wissen, denn sie ist Försterin. Um genau zu sein, ist die 32-Jährige Revierleiterin des Reviers Veilsdorf im Landkreis Hildburghausen.
Fotos: Sandra Böhm
Hier ist ihr Revier: Waldflüsterin Victoria
Sich selbst bezeichnet sie als Rennsteigkind. Ihre Großeltern seien sehr naturverbunden gewesen und so habe sie in ihrer Kindheit viel Zeit im Wald verbracht. „Die Faszination für den Wald ist geblieben“, sagt sie. Trotzdem hat sie nach dem Abitur erstmal einen anderen Weg eingeschlagen und eine Ausbildung zur Anästhesietechnischen Assistentin begonnen, jedoch bald gemerkt, dass das nicht das Richtige für sie ist.
Stattdessen entschied sie sich für das Forstwirtschaftstudium an der Fachhochschule Erfurt. „Das Studium hat einen sehr engen Bezug zu Thüringen und wir waren sehr viel draußen unterwegs, zum Beispiel im Steigerwald“, sagt Victoria. Um nach dem Studium weitere Erfahrungen zu sammeln und mal etwas anderes zu sehen als den Thüringer Wald, zog es sie für ihr Anwärter-Jahr nach Nordrhein-Westfalen (NRW). „Ich wollte ein paar neue Eindrücke kriegen“, sagt sie. In NRW gebe es viel Privatwald, das sei anders als in Thüringen.
Das Anwärter-Jahr ist für Förster Pflicht, die im gehobenen technischen Forstdienst als Beamte arbeiten wollen. Danach arbeitete sie an der Technischen Universität München und betreute Forschungsflächen im Hainich, ehe es sie wieder Richtung Heimat gezogen habe. Inzwischen arbeitet Victoria Eisenbach seit mehr als vier Jahren im Forstamt Heldburg.
Kreatives Arbeiten im Wald
„Das Vorurteil, dass der Förster ein einsamer Beruf sei, stimmt nicht“, betont Victoria Eisenbach. Sobald sie ihren Jeep irgendwo im oder am Wald abstelle, kämen nahezu immer Waldbesitzer oder andere am Wald interessierte Leute auf sie zu. Mal um sie nach Brennholz zu fragen oder wegen Fragen zur Borkenkäfer-Problematik.
Der Borkenkäfer mit seinen Auswirkungen ist das, was die Förster, Forstwirte und Waldbesitzer seit Jahren in Atem hält. „So krass wie es jetzt ist, ist es seit circa fünf Jahren“, schätzt die Försterin die Lage ein. „2018 hat es mit den Frühjahrsstürmen angefangen. Dann folgte der trockene Sommer und somit war der gesamte Wald geschwächt. Normalerweise frisst sich der Borkenkäfer in die Rinde der Fichten. Diese produzieren dann eigentlich Harz, um ihn abzuwehren. Doch da die Fichten schon geschwächt waren, konnten sie das nicht tun.“ So hat sich der Borkenkäfer weiterverbreitet und richtet seitdem im Wald riesigen Schaden an.
Neue Methoden, andere Bäume
Unter normalen Bedingungen, in denen der Borkenkäfer nicht so ein großes Problem darstellte, würden die Förster im Vorjahr markieren, welche Flächen geerntet würden, und welche Bäume stehen blieben. Jetzt müssen Förster viel spontaner arbeiten. Aber Victoria Eisenbach sieht darin auch eine Chance: „Diese Förstergeneration kann richtig viel ausprobieren. Wir haben alle keine Glaskugel und können nicht in die Zukunft schauen. Wir wissen auch nicht, wie es mit der Erderwärmung weitergeht.“
Deswegen arbeite sie gerne kreativ und probiere neue Lösungsansätze aus. So pflanzt sie beispielsweise verschiedene Baumarten an, um das Risiko zu verkleinern. „Ich gehe weg von der klassischen Fichte, sondern probiere auch Ahorn, Eiche oder Esskastanie aus und schaue mir an, was in Südeuropa wächst. Da kann man davon ausgehen, dass die Arten mit der Trockenheit und Wärme besser zurechtkommen.“
Der Borkenkäfer richtet im Wald riesigen Schaden an.
Eigene Entscheidungen
Sie genießt dabei, dass sie in ihren Entscheidungen nahezu freie Hand hat. Natürlich muss sie sich an die geltenden Gesetze halten und die Waldbesitzer müssten ihre Entscheidungen mittragen. Aber dabei könne sie sehr kreativ sein. Vieles probiere sie auf kleinen Flächen.
Zum Beispiel hat sie in einem Areal von gefällten Bäumen die ein bis zwei Meter hohen Baumstümpfe stehen gelassen, um in der Wurzelachse der sogenannten Hochstubben Setzlinge reinpflanzen zu können. Diese sollen die neuen Pflanzen schützen und so den Waldumbau beschleunigen.
Die Jagd als Dienstpflicht
Eine weitere Gefahr für die jungen Pflanzen sind die Rehe und Hirsche. Die knabbern gern die Knospen der Setzlinge ab. In der Fachsprache: Sie verbeißen die jungen Forstpflanzen. Damit gehen sie verloren und all die Arbeit zur Waldverjüngung war vergebens. Deswegen beauftragen Förster Forstwirte damit, Zäune zu bauen, damit das Reh- und Rotwild gar nicht erst an die jungen Pflanzen herankommen kann.
Damit einher geht noch eine andere Aufgabe der Förster: die Jagd. Für Förster gehört die Jagd zur Dienstpflicht. Darüber werden die Wildbestände reguliert, sodass nie zu viel Wild in den Wäldern lebt und im Zweifel die Forstpflanzen zerstört. Begleitet wird Victoria Eisenbach bei der Jagd neben Privatleuten mit Jagdlizenz auch von ihrer Hündin „Hoshi“. Die kleine Münsterländerin ist an jedem Arbeitstag ihres Frauchens mit von der Partie. „Inzwischen ist sie schon neun Jahre alt, deswegen interessiert sie die Jagd nicht mehr ganz so“, sagt die Revierleiterin.
Einen Hund zu haben, sei auch nicht notwendig, um Förster zu sein, sondern ihre persönliche Vorliebe. „Ich finde es einfach angenehmer im Alltag, wenn sie mit dabei ist. Ich habe sie mir selbst zu meinem Studienabschluss geschenkt und seitdem begleitet sie mich.“
Spaß an der Arbeit
Das unterstreicht einmal mehr, wie flexibel der Beruf des Försters ist. Victoria Eisenbach hat nicht nur das Glück, jeden Tag ihre Hündin mit auf Arbeit nehmen zu können, sondern ist auch sonst sehr flexibel. „Ich gestalte meinen Tag, wie ich es möchte“, bestätigt sie. „Ich habe keine festen Arbeitszeiten. So bin ich bei schönem Wetter auch mal länger unterwegs.“
Was sie besonders an ihrem Beruf liebe, kann sie konkret gar nicht sagen: „Es ist das Gesamtpaket. Man ist viel in der Natur. Ich sehe, was ich mache, und es hat sehr lange Auswirkungen. Gerade jetzt haben wir eine Chance, den Wald zu gestalten!“